Meinungen
29.09.2022

«Entscheidend ist eine überzeugende Standortpolitik»

Marcel Rohner, Präsident der Schweizerischen Bankiervereinigung (SBVg), und Jörg Gasser, CEO der SBVg, blicken im ersten gemeinsamen Interview auf ein herausforderndes und erfolgreiches Jahr zurück.
Beitrag vonPatrick Griesser

Marcel Rohner, seit gut einem Jahr sind Sie Präsident der SBVg. Was war Ihr persönliches Highlight bis jetzt?

Marcel Rohner: Für mich waren die konstruktive Arbeit im Verwaltungsrat und der effiziente Austausch mit der Geschäftsstelle sozusagen ein dauerndes Highlight. Die Verabschiedung der Selbstregulierungen zur Nachhaltigkeit ist dabei Ausdruck dieser zielgerichteten Arbeitsweise. 

Sie sind mit dem Ziel angetreten, dass der Schweizer Finanzplatz wieder wachsen kann. Wie kann die Bankiervereinigung dazu beitragen?

Marcel Rohner: Unser Finanzplatz wächst, wenn er wettbewerbsfähig ist. Dazu braucht es eine hohe Wettbewerbsintensität auf dem Finanzmarkt. Die Bankiervereinigung kann hier als Gestalterin der Rahmenbedingungen wesentlich dazu beitragen. Es geht um gleiche Regeln fürs gleiche Geschäft, Offenheit und um möglichst tiefe Eintrittsbarrieren. Entscheidend ist im Weiteren eine überzeugende Standortpolitik, etwa in der Bildung. Es braucht möglichst viele im dualen Bildungssystem gut ausgebildete Fachkräfte. Schliesslich wollen wir die bewährten Standortvorteile der Schweiz bewahren. Ich denke da besonders an die hohe Stabilität und Rechtssicherheit der Schweiz – gerade in Zeiten geopolitischer Unsicherheit sind dies wichtige Faktoren.

Jörg Gasser, der Schweizer Finanzplatz ist derzeit aufgrund des Angriffskriegs Russlands gegen die Ukraine und den Sanktionen des Westens gegen Russland politisch und medial stark exponiert. Wie geht die Bankiervereinigung damit um?

Jörg Gasser: Die Bankiervereinigung hat unmittelbar nach Ausbruch des Kriegs klar festgehalten, dass sie den Angriffskrieg verurteilt und die Sanktionen von nationalen, internationalen und supranationalen Gremien konsequent umsetzt. Wir haben in der Medien- und Politikarbeit stets sachlich, aber bestimmt aufgezeigt, dass der Schweizer Finanzplatz international konform aufgestellt ist. Die Schweiz hält sämtliche internationalen Standards bei der Bekämpfung von Geldwäscherei und bei der Steuertransparenz ein.

«Die Bankiervereinigung hat unmittelbar nach Ausbruch des Kriegs klar festgehalten, dass sie den Angriffskrieg verurteilt und die Sanktionen von nationalen, internationalen und supranationalen Gremien konsequent umsetzt.» 

Jörg Gasser, CEO

Die Umsetzung der Sanktionen beschäftigt die Banken bis heute sehr stark. Welche Rolle spielt hier die Bankiervereinigung?

Jörg Gasser: Wir unterstützen die Banken bei ihrer Umsetzung der Sanktionsmassnahmen bestmöglich. Operationell nehmen wir unsere Rolle als Scharnier respektive Austausch- und Informationsplattform zwischen den Banken und den Behörden wahr und stellen die kohärente Umsetzung der Sanktionen sicher. Wir tun dies mittels eines regelmässigen Austausches mit den Behörden mit dem Ziel, offene Fragen unserer Mitglieder rasch zu klären und ihnen damit konkret bei der Umsetzung zu helfen. Ein weiterer Schwerpunkt liegt auf der nationalen und internationalen Medien- und Öffentlichkeitsarbeit. Es ist klar: Als weltweit grösster Standort im Bereich des grenzüberschreitenden Vermögensverwaltungsgeschäfts verwaltet der Schweizer Finanzplatz auch Vermögen russischer Kunden. Hier gilt es stets zu differenzieren, nur ein Bruchteil der russischen Kunden bei Schweizer Banken sind auf einer Sanktionsliste. Der allergrösste Teil der russischen Kunden ist nicht sanktioniert und deren Vermögen werden legal und konform von Banken verwaltet – in der Schweiz und anderswo auf der Welt.

Stichwort Sustainable Finance. Hier geht die Bankiervereinigung mit einem konkreten Massnahmenplan voran. Wo steht die Branche aktuell?

Jörg Gasser: Es laufen zahlreiche Fäden bei uns als Dachverband der Banken in der Schweiz zusammen. Wir haben im Juni unsere Selbstregulierungen im Bereich Nachhaltigkeit verabschiedet und publiziert. Der Bund hat zudem gemeinsam mit der Branche die «Swiss Climate Scores» entwickelt. Das ist ein wichtiger Meilenstein für den Finanzplatz – besonders auch international. Die Schweiz ist damit der erste Finanzplatz weltweit, der bei den Finanzprodukten Transparenz zur Klimaverträglichkeit von Finanzanlagen schafft. Damit leistet die Schweiz den Tatbeweis. Unserer Ambition, ein führender Standort für Sustainable Finance zu werden, kommen wir damit sehr konkret näher.

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Autoren

Patrick Griesser
Ehem. Leiter Publikationen & Senior Communications Manager
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