Meinungen
29.09.2022

Hypothekarkreditvergabe: Versteckte Markteingriffe im Zuge von Basel III Final verhindern

Derzeit läuft die schweizerische Umsetzung von Basel III Final. Es droht ein massiver Eingriff in die Hypothekarkreditvergabe. Die Schweizerische Bankiervereinigung (SBVg) wehrt sich dagegen und setzt sich für gleichlange Spiesse auf dem Hypothekarmarkt ein.

Am 4. Juli 2022 haben der Bundesrat und die Eidgenössische Finanzmarktaufsicht FINMA ihre Vernehmlassungen zur schweizerischen Umsetzung von «Basel III Final» eröffnet. Mit dem Reformpaket sollen unter anderem die Eigenmittelanforderungen an die Banken risikosensitiver ausgestaltet werden. Davon ist auch die Hypothekarmarktregulierung betroffen: Die Schweizer Banken werden künftig deutlich detailliertere Vorgaben zur Risikosteuerung und Ermittlung der jeweils erforderlichen Eigenmittel erfüllen müssen.

Grundsätzlich trägt die Schweizerische Bankiervereinigung (SBVg) die vorgesehene Umsetzung von Basel III Final im Bereich Hypothekarmarkt mit. Gleichzeitig halten wir aber fest, dass Bundesrat und FINMA mit der angedachten Verlängerung des Niederstwertprinzips von zwei auf sieben Jahre sowie mit den viel zu hohen Risikogewichtszuschlägen für vermietete Wohnliegenschaften massiv überschiessen, und zwar zulasten der Wettbewerbsfähigkeit der Banken, der Kundinnen und Kunden sowie der Finanzmarktstabilität. Dies gilt es im Rahmen der laufenden Vernehmlassung (bis 25. Oktober 2022) zu korrigieren.

Niederstwertprinzip

Definition

Das Niederstwertprinzip ist ein zentrales Element der Hypothekarmarktregulierung. Es bedeutet, dass Banken nur auf Basis des tieferen Werts von Kaufpreis oder Marktwert finanzieren dürfen. Damit müssen Kundinnen und Kunden die allfällige Differenz zwischen Kaufpreis und Marktwert – zusätzlich zum Mindestanteil an einzubringenden Eigenmitteln – selbst begleichen. Dies trägt zur Stabilität auf dem Immobilienmarkt bei. Heute gilt das Niederstwertprinzip für zwei Jahre ab Handänderung.

  • Die von Bundesrat und FINMA vorgesehene Dauer von sieben Jahren (heute sind es zwei) für das Niederstwertprinzip, wonach Banken nur auf Basis des tieferen Werts von Kaufpreis oder Marktwert finanzieren dürfen, ist viel zu lang und lässt sich inhaltlich nicht begründen.
  • Die Möglichkeit der Kundinnen und Kunden, von gestiegenen Immobilienpreisen zu profitieren, würde damit stark eingeschränkt. Dies hätte erhebliche volkswirtschaftliche Kosten (z.B. Wegfall der Möglichkeit zu werterhaltenden Sanierungen oder einer Firmengründung bzw. Investition mit Mitteln aus der Hypothek) zur Folge und würde ein «Ablösekarussell» von den Banken hin zu ungleich regulierten Akteuren in Gang setzen, womit auch das Ziel der Behörden, «übermässige» Bewertungsgewinne einzuschränken, verfehlt würde.
  • Für das Niederstwertprinzip ist deshalb an den zwei Jahren gemäss Status quo festzuhalten.

Risikogewichte für vermietete Wohnliegenschaften

  • Die derzeit geplanten Zuschläge auf die für die Eigenmittelunterlegung relevante Grösse der Risikogewichte sind für vermietete Wohnliegenschaften um ein Vielfaches zu hoch. Die Zuschläge lassen sich weder mit Risikoüberlegungen noch mit formellen Vorgaben aus Basel III Final rechtfertigen und haben mit Risikosensitivität nichts zu tun.
  • Die aus den Zuschlägen resultierenden Kapitalkosten werden entweder von den Kundinnen und Kunden zu tragen sein oder – aufgrund der sich verschlechternden Konditionen – zu einer Abwanderung derselben hin zu Akteuren führen, die für dieselben Risiken deutlich weniger oder überhaupt keine Eigenmittel halten müssen.
  • Die Zuschläge für vermietete Wohnliegenschaften sind auf ein risikogerechteres Niveau zu senken. Konkret bedeutet das: Insbesondere für Belehnungen von Wohnliegenschaften zwischen 60% und 80% soll der Risikogewichtszuschlag deshalb 5% anstatt 15% betragen.

Weitere Ausführungen zum Niederstwertprinzip und zu den Risikogewichten für vermietete Wohnliegenschaften finden sich in unserem Positionspapier. Zu den weiteren Aspekten von Basel III Final wird die SBVg im Rahmen ihrer Vernehmlassungsantwort ausführlich Stellung nehmen.

InsightRegulierung & Compliance

Autoren

Oliver Buschan
Leiter Finanzmarkt & Regulierung, Mitglied der Geschäftsleitung
+41 58 330 62 25
Remo Kübler
Leiter Research & Immobilien
+41 58 330 62 26