Meinungen
26.08.2021

Vom Labor in die Fabrik: Wie lassen sich KI-Lösungen im Banking wirksam skalieren? 

Künstliche Intelligenz (KI) ist eine Schlüsseltechnologie für das Banking der Zukunft. Analog zu anderen digitalen Schlüsseltechnologien lassen Effizienz- und Geschwindigkeitsgewinne in ersten umgesetzten Use Cases schnell die Frage nach der Skalierbarkeit von KI-Lösungen aufkommen. Agile Ansätze wie «DevOps» und fokussierte KI-Labs bieten sich an, um Lösungsansätze zu entwickeln und Unsicherheiten zu adressieren, die sich aus dem Spannungsfeld von internen Faktoren, regulatorischen Anforderungen und ethischen Überlegungen ergeben.

Die Einführung und Nutzung von künstlicher Intelligenz in Banken stellen unbestreitbar eine grosse technologische und organisatorische Transformation dar. KI kann z.B. in den Bereichen Compliance und KYC durch die Erkennung von entscheidungs- und prozessrelevanten Daten, und Mustern in ebendiesen, einen Beitrag zu effizienteren und schnelleren Prozessen und einem qualitativ besseren Reporting leisten. Das Prinzip der menschlichen Aufsicht (human oversight) über die KI-Lösungen und ihre Ergebnisse sowie eine stichprobenartige Ergebniskontrolle durch die Mitarbeitenden im Sinne einer verantwortungsvollen KI («responsible AI») sind jedoch unerlässlich.

Transformation und Herausforderung meistern

Neben den Herausforderungen puncto Kunden, Daten(-schutz), Technologie, Mitarbeiterkompetenzen und Regulierung stellt die Skalierung von KI in Geschäftsprozessen, Produkten und Dienstleistungen eine schwer abzuschätzende und kontrollierbare Variable dar, die massgeblich für den Projekt- und Implementierungserfolg sein kann. Einerseits besteht eine hohe Unsicherheit in Bezug auf die Machbarkeit und den richtigen Ansatz für die jeweilige KI-Lösung, andererseits stellen Engpässe in Bezug auf Ressourcen und Fähigkeiten eine Barriere für den konkreten Einsatz dar. Dazu kommt, dass sich Banken hinsichtlich der Skalierung von KI im Spannungsfeld kontinuierlich verändernder Kundenwünsche und -Anforderungen, interner Datensilos mit einer oftmals nicht hinreichenden Datenqualität und -verfügbarkeit sowie Legacy-Architekturen im Bereich Data & Analytics befinden.

Governance für Daten und KI als Erfolgsfaktor

In diesem Kontext veranschaulicht der Leitfaden zum Umgang mit Daten im Geschäftsalltag der Schweizerischen Bankiervereinigung (SBVg) die rechtlichen und regulatorischen Herausforderungen, die es beim Einsatz von KI-Lösungen zu berücksichtigen gilt. So können bei der Konzeption von KI-Projekten und insbesondere im Hinblick auf die genutzten Daten zusätzliche Risiken wie bspw. Voreingenommenheit (Bias), unkontrollierbare / nicht erklärbare Ergebnisse (Black Box), fehlende Robustheit gegenüber neuen Daten oder Risiken im Bereich Cyber Security auftreten. Diese müssen identifiziert, bewertet und geprüft und im Rahmen einer jeweils aufeinander abgestimmten Data Governance und einer KI-Governance organisatorisch verankert werden, bevor KI-Lösungen im grossen Massstab in der Bank skaliert werden. Es gilt daher wie immer, eine Balance zwischen Innovation und Risikobereitschaft für den Einsatz dieser Technologien zu finden.

Diesen Herausforderungen können Banken erfolgreich begegnen, indem sie ihr Wissen und ihre Fähigkeiten (Asset-Hebel) in den Bereichen Erkennung des Kundenwunsches, Daten-Mehrwert (intern und in Ökosystemen), moderne Datenarchitektur (Referenzarchitektur) und Zusammenarbeitsmodelle nutzen und hebeln. Hierbei stellen gute Governance-Modelle eine hohe Qualität, rechtliche Verbindlichkeit und eine organisatorische Einbettung sicher und tragen zum erfolgreichen Umgang mit den obigen Herausforderungen bei.

Vom Labor in die Fabrik – klein anfangen und schnell skalieren

Unsicherheiten hinsichtlich der Machbarkeit und Vorgehensweise geplanter KI-Lösungen können im Rahmen von sogenannten KI-Laboren (KI-Labs) minimiert werden. KI-Labs bieten eine sichere und fokussierte Umgebung, um ausgewählte und priorisierte Use Cases, die für die Branche oder ein Institut neu und innovativ («bleeding edge») sind, forschungsorientiert oder in experimentellen Projekten zu bearbeiten und erste Prototypen zu erschaffen. Ziel der Arbeit in KI-Labs ist es, die mit neuen Projekten und Technologien verbundene Unsicherheit zu reduzieren, indem bis dato Unbekanntes durch ein empirisches, funktionsübergreifendes und fallbezogenes Research beleuchtet wird.

Ferner bieten KI-Labs die Möglichkeit, Use Cases und die entsprechenden Technologien hinsichtlich ihres Skalierungs- und Industrialisierungspotenzials näher zu betrachten und somit initiale Qualitätssicherung für eine Massenproduktion zu schaffen. Die Skalierung und Industrialisierung von im Labor erprobten Use Cases im realen Geschäftsalltag einer Bank, erfordert die Fähigkeit, knappe Ressourcen zu skalieren und auf agile Weise zu arbeiten. Nur so können gewünschte Effizienzsteigerungen effektiv realisiert werden. KI-Lösungen lassen sich mit einem industrialisierten agilen Modell auf eine umfassendere und natürlichere Weise realisieren. Ein agiles und skalierbares Zusammenarbeitsmodell greift hierbei auf interdisziplinäre Feature-Teams («DevOps») mit einem lokalen oder globalen Lieferkonzept zurück, um einerseits auf die Transformation des bestehenden Geschäfts und andererseits auf die kontinuierliche Verbesserung und den stabilen Betrieb von KI-Lösungen zu fokussieren.

Ein Dreiklang für den erfolgreichen Einsatz von KI

Künstliche Intelligenz wird unsere Gesellschaft, die Wirtschaft und auch die Banken nachhaltig verändern. Banken können und wollen das enorme Potenzial von KI u.a. hinsichtlich Effizienz und Geschwindigkeit nutzen, um schnellere Prozesse, sowie besser auf die Kundenbedürfnisse abgestimmte Produkte und Services anbieten zu können. Gleichzeitig werden Banken durch den Einsatz von KI vor technologische, organisatorische und regulatorische Herausforderungen gestellt. Banken sollten diesen Herausforderungen mit einem Dreiklang aus guter Governance, neuen Methoden und neuen Zusammenarbeitsmodellen begegnen, um KI jetzt und in Zukunft erfolgreich einzusetzen.

Zum Autor

Christoph Schrills ist Lead Consultant für den Bereich Banking bei NTT DATA in Zürich. Sein Schwerpunkt liegt in den Bereichen Data und Analytics, sowie Künstliche Intelligenz.

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