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17.12.2025

Vorteile der Blockchain mit Sicherheit des Buchgelds verbinden 

Vor drei Monaten hat die Schweizerische Bankiervereinigung (SBVg) den Ergebnisbericht zum Proof of Concept des Deposit Tokens veröffentlicht. Damit wurde ein wichtiger Meilenstein auf dem Weg zur digitalen Zukunft des Schweizer Frankens gesetzt. Was ist seither geschehen – und wie geht es nun weiter? Martin Hess, Leiter Wirtschaftspolitik und Gesamtprojektleiter Digitale Währungen SBVg, sowie Andrea Luca Aerni, Policy Advisor Digital Finance und Projektleiter PoC Deposit Token SBVg, ziehen eine Zwischenbilanz. 

Welche Vision verfolgt die SBVg mit dem Projekt Deposit Token?  

Martin: Wir wollen den Schweizer Finanzplatz gemeinsam fit für die Zukunft machen. Banken erfüllen eine zentrale Funktion für unsere Wirtschaft, indem sie Geld zur Verfügung stellen. Diese Funktion wird auch in einer Zukunft in der mehr und mehr Dienstleistungen auf der Blockchain abgebildet werden, relevant bleiben. Daher müssen sich die Banken jetzt zu den dafür geeigneten Zahlungsmitteln Gedanken machen.  

Andrea: Der getestete Deposit Token hat das Buchgeld erstmals programmierbar gemacht und stellt einen wichtigen Schritt in diese Richtung dar. Weitere Ziele sind die Effizienzförderung, die Stärkung der technologischen Souveränität und die fortlaufende Positionierung des Schweizer Franken als verlässliche Währung im internationalen Wettbewerb.

In den Medien wird der Deposit Token als Antwort auf Stablecoins und als Abwehrdispositiv bezeichnet. Wie sieht ihr das? 

Martin: Der Deposit Token ist kein Abwehrdispositiv, sondern eine Weiterentwicklung des bestehenden Systems. Wir wollen das Buchgeld auf der Blockchain abbilden und somit eine innovative zusätzliche Form des digitalen Bezahlens schaffen. Gleichzeitig bleibt der Deposit Token eine Bankeinlage, die dem geltenden Recht unterliegt und im Gegensatz zu bislang unregulierten Stablecoins Kundenschutz und Finanzmarktstabilität gewährleistet. 

Andrea: Genau. Es ging darum, die Vorteile der Blockchain-Technologie mit der Sicherheit und Robustheit des bestehenden Buchgelds zu verbinden. Mit den getesteten rechtsverbindlichen Zahlungen unter mehreren Banken auf der öffentlichen Blockchain haben wir international Neuland betreten. Das hat auch im Ausland Aufmerksamkeit geweckt.

Braucht es für den Deposit Token Anpassungen bei den Rahmenbedingungen?  

Andrea: Der regulatorische Rahmen in der Schweiz hat sich für die Herausgabe von Deposit Token als tragfähig erwiesen. Er baut auf bestehenden und seit Jahrzehnten bewährten Vorschriften des Anweisungsrechts auf und kann sicher und rechtskonform eingesetzt werden. Dennoch kann es sein, dass es künftig punktuelle Anpassungen braucht, um die drei im Ergebnisbericht aufgezeigten Handlungsfelder für einen «Deposit Token 2.0» bestmöglich zu unterstützen. Zentral wird der enge Austausch mit den Aufsichtsbehörden sein – gerade jetzt, wo die angekündigte Vernehmlassung zur Stablecoin-Gesetzesrevision für zusätzliche Dynamik sorgt. Wir verfolgen das sehr genau, um sicherzustellen, dass der Deposit Token konkurrenzfähig bleibt und gleichzeitig die Stabilität des Schweizer Bankensystems stärkt.

Wie könnte sich der Deposit Token langfristig auf das klassische Bankgeschäft auswirken?  

Martin: Grundsätzlich bleibt alles stabil. Der Deposit Token ist und bleibt eine direkte Verbindlichkeit der Bank. Er ergänzt das heutige Einlagenmodell und macht es zukunftssicher. Inzwischen hat sich auch gezeigt, dass sich der Ansatz nahtlos in bestehende Bilanzstrukturen integrieren lässt. Das stärkt die Glaubwürdigkeit dieses Modells.

Welche konkreten Anwendungsfälle kann ein Deposit Token Nutzen stiften? 

Martin: Im Proof of Concept haben wir zwei Fälle erfolgreich getestet: eine Zahlung zwischen Bankkunden verschiedener Institute und einen Treuhand-Verwahrungsprozess, bei dem Deposit Token gegen tokenisierte Vermögenswerte getauscht und die Transaktionen automatisch abgewickelt wurden.

Andrea: Diese Anwendungsfälle haben sich bewährt, sind aber gegenüber dem heutigen System vermutlich zu wenig gewinnbringend, als dass ein Umbau der Finanzmarktinfrastruktur angezeigt wäre. Man kann sich jedoch bereits heute vorstellen, dass Zahlungen mit dem Deposit Token direkt in automatisierte Geschäftsprozesse eingebunden werden – etwa bei Wertpapiertransaktionen oder bei der automatisierten Abwicklung von Versicherungsansprüchen.

…wie muss man sich das in der Praxis vorstellen?  

Martin: Eine Unwetterversicherung könnte beispielsweise eine Schadenpolice als Smart Contract in Verbindung mit dem Deposit Token so ausgestalten, dass beim Erreichen bestimmter Messwerte an Wetterstationen in der entsprechenden Region automatisch eine Zahlung an einen Kunden ausgelöst würde.

Wird es ein Folgeprojekt der SBVg geben? 

Andrea: Der Verwaltungsrat der SBVg hat kurz nach der Veröffentlichung des Ergebnisberichts grünes Licht für die Weiterarbeit gegeben. Inzwischen laufen Gespräche mit weiteren Banken, Infrastrukturanbietern und Behörden, um den Deposit Token in einem grösseren Rahmen zu testen.  

Martin: Das Projekt bleibt eine strategische Verbandspriorität, und wir treiben die nächsten Schritte mit hoher Geschwindigkeit voran. Wir wissen sehr genau, woran wir weiterarbeiten müssen, damit sich die Vision des Deposit Token künftig durchsetzen kann. Die Resonanz aus der Branche zeigt, dass das Interesse gross ist – auch über die Schweiz hinaus. Klar ist, die Schweizer Banken nehmen in diesem Feld eine führende Rolle ein und das soll auch in Zukunft so bleiben. 

Was ist ein Deposit Token?  

Ein Deposit-Token ist eine digitale Form des Schweizer Frankens, die von Geschäftsbanken ausgegeben wird und das herkömmliche Buchgeld in digitaler Form abbildet. Er kann für Zahlungen, den Handel digitaler Vermögenswerte und automatisierte Finanztransaktionen genutzt werden und ist jederzeit in traditionelles Buchgeld konvertierbar. 

Deposit-Token werden auf sicheren, digitalen Plattformen wie Blockchain-Systemen ausgegeben. Dies gewährleistet Transparenz, Nachvollziehbarkeit und Sicherheit bei Transaktionen. Darüber hinaus ermöglicht ihre programmierbare Struktur die Automatisierung von Finanzprozessen, beispielsweise durch Smart Contracts oder wiederkehrende Zahlungen. 

Ziel des Deposit-Tokens ist es, die Effizienz und Flexibilität des Zahlungsverkehrs zu erhöhen, digitale Anwendungen im Finanzbereich zu unterstützen und die Wettbewerbsfähigkeit des Schweizer Finanzplatzes in einer zunehmend digitalen Wirtschaft zu sichern. 

InsightWirtschaft

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