Greenwashing
Die Integrität von Finanzdienstleistungen und -produkten ist von zentraler Bedeutung für den Schweizer Finanzplatz. Kundinnen und Kunden erwarten zu Recht Qualität von den hiesigen Finanzdienstleistern. Dies gilt selbstverständlich auch für als nachhaltig vermarktete Finanzprodukte. Die Schweizerische Bankiervereinigung (SBVg) lehnt daher jede Form von Greenwashing ab und trägt auch mit eigenen Massnahmen zur Sicherstellung der Glaubwürdigkeit des Schweizer Finanzplatzes bei.
Greenwashing in der Wertschöpfungskette
Entlang der operativen Tätigkeit einer Bank gibt es drei Stellen, an denen mögliches Greenwashing adressiert werden muss:
- Greenwashing liegt vor, wenn ein Finanzdienstleistungsunternehmen sich in seinem Auftritt nach innen und aussen als nachhaltig positioniert (z. B. in den sozialen Medien, der Werbung, der Veröffentlichung von Unterstützungserklärungen oder in Nachhaltigkeitsberichten), seine unternehmensinterne Praxis jedoch dem kommunizierten Bild widerspricht.
- Greenwashing liegt im Weiteren vor, wenn täuschende oder irreführende Angaben zu den Charakteristiken oder zur Zusammensetzung eines Produktes gemacht werden. Das Finanzmarktrecht enthält bereits heute konkrete Grundlagen, die jegliches täuschende oder irreführende Verhalten sanktionieren. So gibt es Vorschriften für den Prospekt und das Basisinformationsblatt und die damit verbundenen Haftungs- (Art. 69 FIDLEG) und Strafbestimmungen (Art. 90 FIDLEG).
- Die Verantwortlichen einer Bank müssen sicherstellen, dass ESG-Kriterien (Environment, Social und Governance) in ihren Beratungsprozessen einfliessen (z. B. mit regelmässiger Präferenzabfrage bei Kundinnen und Kunden sowie mit internen Weiterbildungen) und die Erwartungen von Kundinnen und Kunden zur Nachhaltigkeit angemessen erfüllt werden. Greenwashing kann eine Folge sein, wenn dies nicht gewährleistet ist.
Drei Arten von Greenwashing
Ausgehend von diesen drei Stellen in der Wertschöpfungskette, an denen Greenwashing adressiert werden muss, gibt es verschiedene Ausprägungen von Greenwashing:
- Die erste betrifft die wissenschaftliche Ebene. Die wissenschaftlichen Grundlagen sind bei Sustainable Finance noch jung, heterogen und nicht vollständig ausgereift. Insbesondere besteht noch kein Konsens, wie die Wirkung von Finanzprodukten auf Umwelt, Soziales sowie Unternehmensführung gemessen wird. Wie «nachhaltig» bestimmte Finanzprodukte bezüglich ihrer angestrebten Wirkung wirklich sind, ist somit nach wie vor nicht einfach zu belegen. Entsprechend gibt es keine festen Vorschriften oder Definitionen dafür, gemäss welchen Kriterien eine Investition als «nachhaltig» gilt. Das bedeutet, dass Anlegerinnen und Anleger selbst entscheiden müssen, welche Kriterien und Praktiken für ihre Bedürfnisse am wichtigsten sind.
- Die zweite Ausprägung betrifft die regulatorische Ebene. Beim Verkauf von Finanzprodukten und der damit einhergehenden Beratung sind Eckwerte wie Risiko, Performance und Liquidität zu berücksichtigen. Gleichzeitig müssen der Anlegerschutz und die Eignung des Produktes für die Anlegerinnen und Anleger (Suitability) sichergestellt werden. Der Investitionsspielraum kann dadurch gerade für Kleinanlegerinnen und -anleger stark eingeschränkt werden und damit das Nachhaltigkeitsziel tangieren. Praktisch heisst das, dass das Anlageuniversum für dieses Kundensegment Nachhaltigkeitscharakteristiken aufweist, aber immer breit abgestützt sein muss.
- Greenwashing in der dritten Ausprägung betrifft die Wahrnehmung der Anlegerinnen und Anleger und liegt dann vor, wenn die Erwartungen einer Kundin oder eines Kunden nicht mit den effektiven Charakteristiken der Vermögensanlage im Einklang stehen, beispielsweise durch missverständliche Marketingversprechen oder Mängel im Beratungsprozess. Diese Variante des Greenwashing beinhaltet auch andere Nachhaltigkeitscharakteristika als die Kundin oder der Kunde erwartet oder wünscht. Wenn zum Beispiel ein Anlageprodukt zwar Nachhaltigkeitsindikatoren einbezieht, diese aber zur Minimierung der finanziellen Risiken oder zur Verbesserung der finanziellen Performance angewendet werden, unterscheidet sich dieses massgeblich von Anlageprodukten, welche die Förderung von Nachhaltigkeitszielen beabsichtigen.
Durch die Verankerung von Nachhaltigkeit in der Unternehmensstrategie, den Fokus auf Produktewahrheit und -klarheit und entsprechende Beratungsprozesse sowie die Schulung der Mitarbeitenden kann Greenwashing adressiert werden. Nicht zuletzt aus Reputationsgründen für die Finanzindustrie muss Greenwashing verhindert werden. Die überwiegende Mehrheit der Anbieter nimmt die Herausforderung ernst und will einen positiven Beitrag leisten.
Aktivitäten und Massnahmen der SBVg
Glaubwürdigkeit schaffen heisst transparent informieren und kompetent beraten. Die SBVg sieht deshalb gerade im Beratungsprozess einen der grössten Hebel zur Vermeidung von Greenwashing. Mit zwei Selbstregulierungen, die für alle ihre Mitglieder verbindlich sind, macht die SBVg Nachhaltigkeit zum integralen Bestandteil in Beratungsgesprächen mit Kundinnen und Kunden. Die neuen Richtlinien definieren verbindliche Vorgaben sowohl für den Einbezug von ESG-Kriterien in der Anlageberatung und Vermögensverwaltung als auch zur Thematisierung der Energieeffizienz im Rahmen der Hypothekarberatung. Durch konsequente Aus- und Weiterbildung ihrer Mitarbeitenden, kompetente Beratung und transparente Informationen über Angebote und Dienstleistungen leisten die Mitgliedsinstitute der SBVg einen wichtigen Beitrag zur Vermeidung von Greenwashing. Im 2024 wurde die Selbstregulierung weiterentwickelt, um sie mit den Zielen des Bundesrates in Einklang zu bringen.
Glaubwürdigkeit schaffen heisst selbst einzulösen, was man von anderen fordert. Die SBVg erachtet Netto-Null-Initiativen als wirksame Instrumente zur Erreichung des Klimaziels 2050. Sie hat deshalb Supporter-Status bei der Net-Zero Banking Alliance und empfiehlt ihren Mitgliedern konsequenterweise, internationalen Netto-Null-Allianzen und Nachhaltigkeitsinitiativen im Bankbereich (z.B. PRI und PRB) beizutreten. Mit Netto-Null-Allianzen verpflichten sich die Finanzdienstleister Klimaziele zu setzen, ihre Pläne transparent offenzulegen und regelmässig über Fortschritte zu berichten. Nachhaltigkeitsinitiativen können helfen, den notwendigen wissenschaftlichen Konsens zu finden, um Greenwashing zu vermeiden.
Weiter setzt sich die SBVg in Zusammenarbeit mit anderen Verbänden für eine transparente Offenlegung ein. Nur so erlangen Investorinnen und Investoren die notwendigen Informationen. Das wiederum ermöglicht Produktewahrheit und -klarheit und adressiert die Erwartungshaltung der Kundinnen und Kunden.
Aktivitäten und Massnahmen Partnerverbände
Mehr Transparenz über die Klimaverträglichkeit von Finanzanlagen schaffen die unter der Leitung des Bundes und gemeinsam mit Expertinnen und Experten aus der Branche und von NGOs entwickelten «Swiss Climate Scores». Zusammen mit der Asset Management Association Switzerland (AMAS) und Swiss Sustainable Finance (SSF) begrüsst auch die SBVg diese sechs Indikatoren, die sich an bereits bestehenden und international etablierten Kriterien und Methoden orientieren. Heute sind die «Scores» aufgrund teilweise mangelnder Verfügbarkeit von Daten sowie noch zu erarbeitender Präzisierungen nicht auf alle Anlageformen anwendbar. Die AMAS und SSF haben aber in diesem Kontext Umsetzungshilfen erarbeitet.
Komplementär zur Selbstregulierung der SBVg zur Nachhaltigkeit in der Kundenberatung hat die AMAS eine bestehende Selbstregulierung zu Transparenz und Offenlegung bei nachhaltigen Kollektivvermögen weiterentwickelt, um sie mit den Zielen des Bundesrates in Einklang zu bringen. Diese Selbstregulierung 2.0 definiert erstmals verbindliche Vorgaben an die Organisation von Finanzinstituten, die Kollektivvermögen mit Nachhaltigkeitsbezug erstellen und verwalten, wie auch an die Informationspflicht bei nachhaltigkeitsbezogenen Produkten.