Greenwashing
Die Integrität von Finanzprodukten ist von zentraler Bedeutung für den Schweizer Finanzplatz. Kundinnen und Kunden erwarten zu Recht Qualität von den hiesigen Finanzdienstleistern. Dies gilt selbstverständlich auch für als nachhaltig vermarktete Finanzprodukte. Die Schweizerische Bankiervereinigung (SBVg) lehnt daher jede Form von Greenwashing ab und trägt auch mit eigenen Massnahmen zur Sicherstellung der Glaubwürdigkeit des Schweizer Finanzplatzes bei.
Drei Arten von Greenwashing
Es gibt drei verschiedene Ausprägungen von Greenwashing:
- Die eine betrifft die wissenschaftliche Ebene. Die wissenschaftlichen Grundlagen sind bei Sustainable Finance noch jung, heterogen und nicht vollständig ausgereift. Insbesondere besteht noch kein Konsens zur Messung der Wirksamkeit oder des Impacts von Finanzprodukten. Wie «nachhaltig» bestimmte Finanzprodukte bezüglich ihrer angestrebten Wirkung wirklich sind, ist somit nach wie vor nicht einfach zu belegen. Entsprechend gibt es auch keine allgemeingültige Definition einer «nachhaltigen Vermögensanlage». Noch gibt es keine festen Vorschriften oder Definitionen dafür, gemäss welchen Kriterien eine Investition als «nachhaltig» gilt (Stichwort Taxonomie). Das bedeutet, dass jeder Anleger und jede Anlegerin herausgefordert ist. Sie müssen entscheiden, welche Kriterien und Praktiken für ihre Bedürfnisse am wichtigsten sind.
- Die zweite Ausprägung betrifft die regulatorische Ebene. Beim Verkauf von Finanzprodukten und der damit einhergehenden Beratung sind Eckwerte wie Risiko, Performance und Liquidität zu berücksichtigen. Gleichzeitig müssen der Anlegerschutz und die Eignung des Produktes für die Anlegerinnen und Anleger (Suitability) sichergestellt werden. Der Investitionsspielraum kann dadurch gerade für Kleinanlegerinnen und -anleger stark eingeschränkt werden und damit das Nachhaltigkeitsziel tangieren. Praktisch heisst das, dass das Anlageuniversum für dieses Kundensegment Nachhaltigkeitscharakteristiken aufweist, aber immer breit abgestützt sein muss.
- Greenwashing auf der Ebene Wahrnehmung liegt dann vor, wenn die Erwartungen des Kunden nicht mit den effektiven Charakteristiken der Vermögensanlage im Einklang stehen, beispielsweise durch missverständliche Marketingversprechen oder Mängel im Beratungsprozess.
Drei Bereiche, wo Greenwashing adressiert werden muss
Ausgehend von diesen drei oben beschriebenen Ebenen gibt es entlang der operativen Tätigkeit einer Bank drei unterschiedliche Bereiche, wo mögliches Greenwashing adressiert werden muss:
- Greenwashing liegt vor, wenn ein Finanzdienstleistungsunternehmen sich in seinem Auftritt nach innen und aussen als nachhaltig positioniert (z. B. in den sozialen Medien, der Werbung, der Veröffentlichung von Unterstützungserklärungen oder in Nachhaltigkeitsberichten), bei seinen unternehmensinternen Tätigkeiten jedoch Praktiken anwendet, die dem kommunizierten Bild widersprechen.
- Greenwashing liegt im Weiteren vor, wenn täuschende oder irreführende Angaben zu den Charakteristiken oder zur Zusammensetzung eines Produktes gemacht werden. Das Finanzmarktrecht enthält bereits heute konkrete Grundlagen, welche jegliches täuschende oder irreführende Verhalten sanktionieren. So gibt es Vorschriften für den Prospekt und das Basisinformationsblatt und die damit verbundenen Haftungs- (Art. 69 FIDLEG) und Strafbestimmungen (Art. 90 FIDLEG).
- Kundenberatungseinheiten einer Bank müssen sicherstellen, dass ESG-Kriterien (Environment, Social und Governance) in ihren Beratungsprozessen einfliessen (z.B. mit regelmässiger Präferenzabfrage bei Kundinnen und Kunden sowie mit internen Weiterbildungen) und die Erwartungen von Kundinnen und Kunden erfüllt werden. Greenwashing liegt hier vor, wenn dies nicht gewährleistet ist.
Durch die Verankerung von Nachhaltigkeit in der Unternehmensstrategie, den Fokus auf Produktewahrheit und -klarheit sowie die Schulung der Mitarbeitenden können diese drei Bereiche auf Institutsebene adressiert werden. Es sind auch gleichzeitig die drei Handlungsfelder, die den Weg für konkrete Massnahmen zur Vermeidung von Greenwashing aufzeigen. Nicht zuletzt aus Reputationsgründen für die Finanzindustrie muss Greenwashing verhindert werden. Die überwiegende Mehrheit der Anbieter nimmt die Herausforderung Nachhaltigkeit ernst und will einen positiven Beitrag leisten.
Haltung der SBVg
Aktivitäten und Massnahmen der SBVg
Im Bankgeschäft ist der Beratungsprozess zentral. Dort sieht die SBVg auch den grössten Hebel zur Vermeidung von Greenwashing. Die SBVg hat mit ihren Mitgliedern einen prinzipienbasierten «Leitfaden für den Einbezug von ESG-Kriterien in den Beratungsprozess für Privatkunden» entwickelt. Damit verbunden ist die fortlaufende Schulung der Mitarbeitenden. Prinzipienbasiert heisst, dass die Einzelinstitute den Leitfaden entsprechend ihrer jeweiligen Grösse, Struktur, Komplexität, Geschäftstätigkeit und Risiken umsetzen können.
Zudem unterstützt die SBVg die Anwendung internationaler Initiativen (z.B. PRI und PRB) – mit dem Ziel, einen wissenschaftlichen Konsens zu schaffen, um Greenwashing zu vermeiden. Weiter setzen wir uns in Zusammenarbeit mit anderen Verbänden für eine Offenlegung ein. Nur so können wir Investorinnen und Investoren die notwendigen Informationen bereitstellen. Das wiederum ermöglicht Produktewahrheit und -Klarheit und adressiert die Erwartungshaltung der Kundinnen und Kunden.
Aktivitäten und Massnahmen unserer Partner
Die Asset Management Association Switzerland (AMAS) und Swiss Sustainable Finance (SSF) arbeiten an Empfehlungen auf Produkteebene, um Produktewahrheit und -klarheit auf der Portfolioebene zu verbessern. Eine Publikation erfolgt in den kommenden Monaten. Im Weiteren haben die beiden Organisationen weitere Empfehlungen ausgearbeitet:
- Nachhaltiges Asset Management: Kernbotschaften und Empfehlungen – AMAS und SSF
- SSF-Empfehlungen zur Berichterstattung über ESG-Transparenz von Portfolios
Übersicht über verschiedene Formen von nachhaltigen Investitionen
Best-in-Class | Bei diesem Ansatz wird die ESG-Performance eines Unternehmens oder Emittenten anhand einer Nachhaltigkeitsbewertung mit der eines Konkurrenten verglichen. Alle Unternehmen oder Emittenten, deren Rating über einem festgelegten Schwellenwert liegt, werden als investierbar erachtet. |
ESG- Engagement | Die von Aktionären (oder Vertretern von Aktionären) durchgeführten Aktivitäten mit dem Ziel, die Unternehmen davon zu überzeugen, ESG-Kriterien zu berücksichtigen, um so die ESG-Performance zu verbessern und die Risiken zu verringern. |
ESG- Integration | Der ausdrückliche Einbezug von ESG-Risiken und -Chancen in die traditionelle Finanzanalyse und in Anlageentscheidungen auf Grundlage eines systematischen Prozesses und entsprechender Recherchequellen. |
Ausübung von ESG Stimmrechten | Dies bezieht sich auf die Ausübung von Anliegen zu ESG-Themen durch aktive Ausübung der Stimmrechte auf der Grundlage von ESG-Prinzipien oder einer ESG-Politik. |
Ausschlüsse | Ein Ansatz, der Unternehmen, Länder oder andere Emittenten ausschliesst, da deren Aktivitäten nicht als investierbar erachtet werden. Ausschlusskriterien (auf Normen und Werten basierend) können sich auf Kategorien von Finanzinstrumenten oder Produkten (z. B. Waffen, Tabak), Aktivitäten (z. B. Tierversuche) oder Geschäftspraktiken (z. B. schwere Verstösse gegen die Menschenrechte, Korruption) beziehen. |
Impact- Investing (wirkungsorientiertes Investieren) | Investitionen in Firmen, Organisationen, Projekte und Fonds, welche die Absicht verfolgen, neben einer finanziellen Rendite auch einen messbaren ökologischen und/oder sozialen Mehrnutzen zu generieren. Impact-Investments können sowohl in Schwellen- als auch in Industrieländern getätigt werden und auf eine Rendite abzielen, die je nach den Umständen unterdurchschnittlich ist oder dem marktüblichen Satz entsprechen kann. Generell weisen Impact-Investments drei hauptsächliche Eigenschaften auf: Absicht, eine Wirkung zu erzielen, Management der Wirkungen und Messbarkeit der Wirkungen |
Normenbasiertes Screening | Dabei werden Investitionen unter Bezugnahme auf für Geschäftspraktiken geltende Mindeststandards ausgewählt, die auf nationalen oder internationalen Standards und Normen beruhen.1 |
Nachhaltige Anlagen | Investitionen in Unternehmen, die zu nachhaltigen Lösungen von umwelt- und sozialverträglichen Themen beitragen. |
Quelle: Gemäss Swiss Sustainable Finance, Swiss Sustainable Investment Market Study 2019: S. 14 1 (Global Compact, ILO, UNICEF, UNHRC). Dies beinhaltet unter anderem die UN-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte, die ILO Dreigliedrige Grundsatzerklärung über multinationale Unternehmen und Sozialpolitik und den OECD-Leitfaden für multinationale Unternehmen. |