KI-gestützte Beratung mit MCP – Eine neue Ära in der Kundeninteraktion
Agenten-basierte künstliche Intelligenz markiert einen Wendepunkt in der Finanzberatung. Sie erweitert die Rolle von KI von der Inhaltserzeugung hin zu autonomen Handlungen und eröffnet neue Chancen für Banken und Kundinnen und Kunden.
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Vom Experiment zur Realität: Wie agenten-basierte KI die Beratung verändert
Schweizer Banken setzen künstliche Intelligenz bisher vor allem intern oder in der Kundeninteraktion in Form von Sprach- und Chatbots ein. Diese Anwendungen verbessern den Kundenkontakt zwar punktuell, schöpfen das Potential moderner KI jedoch bei Weitem nicht aus. Doch Zurückhaltung darf nicht zu Stillstand führen. Bill Gates bekannte Warnung trifft auch auf den Bankenplatz Schweiz zu: „Wir überschätzen den Wandel der nächsten zwei Jahre und unterschätzen den Wandel der nächsten zehn“.
Eine Umfrage am Digital Finance Day vom 29. Oktober 2025 des SBVg zeigt, dass viele Fachleute aus der Bankenbranche bereits in drei bis fünf Jahren mit KI-gestützter, teils autonomer Beratung rechnen. Besonders vielversprechend erscheinen Steuer- und Nachlassberatung, Anlage- und Vorsorgeberatung sowie Wealth Management. Agenten-basierte KI geht dabei weit über textbasierte Assistenten hinaus. Sie soll künftig Aufgaben selbstständig planen, priorisieren und ausführen. Zunächst in einzelnen Schritten, später in komplexen mehrstufigen Arbeitsabläufen. Dies verspricht erhebliche Effizienzgewinne, ein deutlich verbessertes Kundenerlebnis und neue Ertragschancen.
Voraussetzungen: Datenzugang, Vertrauen und Regulierung
Damit das Potential agenten-basierter KI genutzt werden kann, müssen mehrere grundlegende Herausforderungen gemeistert werden. Vertrauen in KI-Agenten entsteht nur langsam, durch wiederholte Anwendung und durch Systeme, deren Entscheidungen transparent und überprüfbar sind. Ebenso müssen Autorisierungsmodelle und Haftungsfragen eindeutig geregelt werden. Auch rechtliche und datenschutzrechtliche Anforderungen spielen eine zentrale Rolle. Sicherheitsmechanismen wie starke Authentifikation, Identitätsmanagement und explizite Zustimmung der Nutzerinnen und Nutzer bilden eine weitere Voraussetzung.
Besonders zentral ist der Zugang zu Daten und Funktionen über Programmierschnittstellen. Die Schweiz ist hier auf gutem Wege, denn bereits heute existieren erste harmonisierte Schnittstellen bzw. befinden sich in der Planung oder Umsetzung.
Technologische Brücke: Das Model Context Protocol (MCP)
Eine weitere Schlüsseltechnologie ist das Model Context Protocol (MCP), das Ende 2024 als offener Standard veröffentlicht wurde. MCP definiert, wie digitale Dienste so strukturiert werden, dass KI-Systeme kontrolliert und sicher darauf zugreifen und mit diesen interagieren können. Es stellt Funktionen, statische Datenquellen und wiederverwendbare Vorlagen bereit, die als Verbindung zwischen den Modellen und den Systemen der Banken dienen. Damit schafft MCP eine Grundlage, um agenten-basierte KI im Alltag tatsächlich produktiv einzusetzen.
Unter dem Dach der Swiss Fintech Innovations (SFTI) entsteht derzeit eine Referenzarchitektur, die die notwendigen technischen Bausteine für den Zugriff durch agenten-basierte KI beschreibt.
Was Banken jetzt selbst in die Hand nehmen müssen
Parallel dazu sollten Banken selbst jedoch erste Schritte unternehmen:
- Wichtigkeit, Rolle und Einbettung von Agenten-basierter Beratung definieren
- Aufbau interner Kompetenzen vorantreiben
- Daten- und Schnittstellenlandschaft modernisieren
Agentische KI steht nicht vor einem abrupten Durchbruch, sondern vor einem stetigen, aber tiefgreifenden Wandel. Die Institute, die diesen Übergang aktiv gestalten, werden bereits in wenigen Jahren Beratungserlebnisse bieten können, die persönlicher, effizienter, zuverlässiger und für zusätzliche Kundengruppen zugänglicher sind als je zuvor.
Christof Dornbierer, Partner, Acrea
Christof Dornbierer ist Technology Partner bei Acrea und verfügt über mehr als 20 Jahre Erfahrung in der Führung von IT- und Security-Programmen für unternehmensweite Lösungen in verschiedenen Branchen. Zuvor war er u. a. CEO & CTO von AdNovum sowie CIO a.i. von SWICA und war als Software Engineer bei AdNovum, Inexsys, Namics und Delta Consulting tätig. Er hält einen M. Sc. der ETH Zürich und einen Executive MBA Rochester-Bern.
Marco Seiz, Principal Consultant, Acrea
Marco Seiz ist Principal Consultant bei Acrea mit über 20 Jahren Erfahrung als Enterprise- und Solution-Architekt. Er verfügt über fundierte Expertise in der Bewältigung komplexer Herausforderungen in der Banken- und Gesundheitsbranche. Zuvor leitete er die Produktentwicklung bei Swisscom Health, gründete und führte zwei Start-ups und arbeitete als Ingenieur bei BMW Sauber. Marco Seiz hält einen M. Sc. der ETH Lausanne sowie einen MBA der IE Business School in Madrid.