Credit Suisse und «Bankenstabilität»: Bitte mit Augenmass!
Anfang Juni hat der Bundesrat sein umfassendes Massnahmenpaket «Bankenstabilität» mit fast 30 regulatorischen Verschärfungen veröffentlicht. Die SBVg anerkennt den Bedarf, nach der Krise der Credit Suisse gezielte Anpassungen zur Erhöhung der Systemstabilität vorzunehmen, beurteilt das Vorhaben aber als überladen und unverhältnismässig.
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Vielfältige Massnahmen zur Krisenprävention und Liquiditätsstärkung
Der Bundesrat hat einerseits drei Massnahmen auf Verordnungsstufe in die offizielle Vernehmlassung bis Ende September 2025 gegeben. Anderseits hat er gleichzeitig seine «Eckwerte» zu den Massnahmen auf Gesetzesstufe veröffentlicht, zu denen zu späteren Zeitpunkten weitere Vernehmlassungen durchgeführt werden sollen. Während ein Teil der vorgeschlagenen Ansätze einen direkten Bezug zu Entwicklungen in der Credit Suisse aufweist, fehlt dieser Problembezug an zahlreichen anderen Stellen ganz oder ist nur in beschränktem Ausmass gegeben.
Das thematisch ausserordentlich vielfältige «Bouquet» aus insgesamt rund 30 Massnahmen soll nicht nur die Prävention von Bankenkrisen bzw. Systemrisiken und die Liquiditätsversorgung stärken, sondern auch das Kriseninstrumentarium für den «Fall der Fälle» erweitern.
Besonders relevante Kernmassnahmen aus dem Bereich der Prävention betreffen beispielsweise die Einführung eines Verantwortlichkeitsregimes («Senior Managers Regime») für ausgewählte Schlüsselfunktionen des Bankmanagement oder die Kompetenz der Eidgenössischen Finanzmarktaufsicht (FINMA), sogenannte «Frühinterventionen» durchzusetzen.
Beispiele für die Stärkung der Liquiditätsversorgung in Krisenzeiten sind die Verbreiterung der Liquiditätshilfe durch die Schweizerische Nationalbank (SNB) oder die Überführung staatlicher Ausfallgarantien («Public Liquidity Backstop») in das ordentliche Recht. Der Erweiterung des Kriseninstrumentariums sollen unter anderem auch die Optimierung der Zusammenarbeit zwischen den involvierten Behörden und die Verbreiterung der Optionspalette für den Abwicklungsfall dienen.
Augenmass und internationale Wettbewerbsfähigkeit gefordert
Die SBVg hat die Vorschläge des Bundesrates einer ausführlichen Analyse und Beurteilung unterzogen. Dabei legen wir Wert auf zielführende Verbesserungen der Systemstabilität, jedoch auch auf die internationale Wettbewerbsfähigkeit unserer Mitgliedinstitute und auf eine überzeugende Nutzen/Kosten-Bilanz.
Insgesamt verbleibt bei den bundesrätlichen Vorschlägen aus unserer Sicht in zahlreichen Punkten noch substanzieller Anpassungsbedarf. Es besteht das Risiko, dass die Massnahmen in ihrer Summe das Ziel deutlich überschiessen und nicht nur für den Finanzplatz, sondern auch für die Gesamtwirtschaft mit erheblichen Nachteilen verbunden sind. Von entsprechender Bedeutung wird deshalb sein, dass der Bundesrat zu gegebener Zeit eine umfassende und aussagekräftige ökonomische Wirkungsabschätzung («Regulierungsfolgenabschätzung») vorlegt.
Bei der weiteren Konkretisierung des Grossprojekts wird ein zentraler «Knackpunkt» zudem darin bestehen, den Anwendungsbereich der verschiedenen Massnahmen richtig zu treffen. Nach unserer Überzeugung ist eine risikogerechte Differenzierung («Proportionalität») der Anforderungen zwischen Instituten mit unterschiedlicher Ausgangslage zwingend nötig. Alle über den «gleichen Kamm zu scheren», würde das für die Bankenregulierung so wichtige Augenmass definitiv vermissen lassen.