Meinungen
20.04.2023

Klimaverträgliche Ausrichtung von Finanzflüssen ohne Umwege

Die Dekarbonisierung ist dringlich. Es ist klar, dass der Finanzplatz dabei eine wichtige, unterstützende Rolle spielt – in der Schweiz und über die Schweizer Grenzen hinweg. Doch was macht einen klimaverträglichen Finanzfluss aus? Und wie kann dieser transparent gemacht werden?

Das Übereinkommen von Paris ist ein völkerrechtlicher Vertrag, den 195 Vertragsparteien anlässlich der Klimarahmenkonvention der Vereinten Nationen mit dem Ziel des Klimaschutzes in Nachfolge des Kyoto-Protokolls geschlossen haben. Bereits darin haben die Verfasser*innen des Pariser Klimaabkommens in Artikel 2.1 (c) festgehalten, dass:

«die Finanzmittelflüsse in Einklang gebracht werden mit einem Weg hin zu einer hinsichtlich der Treibhausgase emissionsarmen und gegenüber Klimaänderungen widerstandsfähigen Entwicklung.»

Die Schweiz hat das Übereinkommen von Paris am 6. Oktober 2017 ratifiziert. Dadurch stehen die Schweiz und der Finanzplatz klar hinter dem Ziel, bis 2050 ihre Treibhausgasemissionen auf Netto-Null zu senken.  

Das Ziel ist klar – doch der Weg vielschichtig.

Die Frage, was einen klimaverträglichen Finanzfluss effektiv auszeichnet, ist allerdings nicht so einfach zu beantworten. Wie komplex die Thematik ist, zeigen die Klimakonferenzen: Konkret wurde diese Frage (die sogenannte Operationalisierung) bislang an keiner nachfolgenden Klimakonferenz debattiert, geschweige denn schlüssig beantwortet.

Obgleich der Prozess also noch im Gange ist, hat sich in der Praxis bereits eine Vielzahl von Ansätzen dazu entwickelt. Bei näherer Betrachtung wird deutlich: Je nach Perspektive und Ziel eignen sich unterschiedliche Indikatoren, denn alle haben ihre Vor- und Nachteile.

Der Schweizer Weg.

Der Frage nach klimaverträglichen Finanzflüssen hat sich letztes Jahr auch der Bund in Zusammenarbeit mit den Finanzplatzakteuren gewidmet. Das Resultat sind die «Swiss Climate Scores». Die «Swiss Climate Scores» schaffen eine Best Practice Transparenz bei der klimaverträglichen Ausrichtung von Finanzanlagen und fördern so Anlageentscheidungen, die zur Erreichung der globalen Klimaziele beitragen. Die «Swiss Climate Scores» enthalten Indikatoren, welche sowohl die aktuelle Situation von globalen Unternehmen im Finanzprodukt oder Portfolio widerspiegeln (Ist-Zustand), als auch aufzeigen, wo sich diese Unternehmen in Bezug auf globale Klimaziele (Netto-Null- Zielsetzung per 2050) aktuell situieren.

Dadurch, dass Transparenz geschaffen wird, ohne zeitgleich zu klassifizieren, können Investoren selbst und differenzierter beurteilen, was klimaverträglich ist und was nicht. Denn in der Zwischenzeit wird immer klarer, dass die sogenannten Taxonomien diesbezüglich im besten Fall nicht zielführend sind, eher aber sogar kontraproduktiv wirken. Vielversprechender sind die internationalen Entwicklungen, welche die Herausforderung über Transparenz und direkte Wirkungsmechanismen adressieren.

Die internationale Entwicklung der Klimatransparenz.

Noch dieses Jahr werden wichtige Initiativen mit globaler Tragweite live gehen. Gemeint sind hier insbesondere die sogenannten International Sustainability Standards und die öffentlich zugängliche Datenplattform Net-Zero Data Public Utility (NZDPU). Diese werden global massgebend sein; nicht zuletzt, da sie unter anderem von Bloomberg, Morgan Stanley Capital International (MSCI), Standard & Poors unterstützt werden. Dadurch entsteht eine qualitativ hochwertige, umfassende und globale Basis von Nachhaltigkeitsinformationen auf einer internationalen Datenplattform.

Die Abbildung illustriert diese direkten Mechanismen zwischen den Zielen des Pariser Abkommens und der Umsetzung in der Wirtschaft. Der wesentliche Vorteil gegenüber anderen Ansätzen ist, dass mit diesen Initiativen international unterstützte, konkrete und umsetzbare Lösungen in der Wirtschaft direkt Anwendung finden werden und das in unmittelbarer Zukunft.

Je besser die Daten, umso transparenter das Produkt.

So haben alle Stakeholder einen einfachen Zugang zu den klimatransitionsbezogenen Daten, Verpflichtungen und Fortschritten von Unternehmen und Finanzinstituten. Auch haben die International Financial Reporting Standards (IFRS) und IOSCO den beiden Initiativen ihre Anerkennung und Unterstützung zugesagt, womit faktisch der internationale Standard gegeben ist.  Das heisst, Daten und Standards fliessen über diese Anerkennung in die Standardanforderungen für kotierte Unternehmen und finden somit in der Wirtschaft Anwendung. Eine dafür entsprechende Regulierung wird daher nicht benötigt.

Mit diesen Initiativen findet also der Artikel 2.1(c) des Pariser Klimaübereinkommen – das in Einklang brin-gen der Finanzflüsse mit der Klimatransition – in der Wirtschaft Anwendung. Diese schnelle und effektive Alternative zu Taxonomien erweist sich als zielführend und unabhängig von Regulierungsaktivitäten.

Sustainable Finance

Autoren

Hans-Ruedi Mosberger
Leiter Sustainable Finance
+41 58 330 62 61