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04.07.2024

KV-Reform: Die Umsetzung in der Branche Bank 

Im August 2023 haben rund 1’000 Lernende in einer Bank die reformierte kaufmännische Lehre gestartet. Die Banken waren sehr gut vorbereitet. Trotzdem lief nicht alles rund. Ein erster Erfahrungsbericht. 

Umsetzung in den Banken 

Mit der Reform wurde die Ausbildung auf Handlungskompetenzbereiche ausgerichtet, was den Praxisbezug steigert und das selbstorganisierte Lernen erhöht. Die Lernenden werden damit stärker auf die sich wandelnden Anforderungen des Arbeitsmarktes vorbereitet. Eine feingliedrige Projektorganisation, die Zusammenarbeit zwischen den Banken, üK-Organisationen und Swiss Banking und ein Sonder-Effort von allen Beteiligten, verhalfen zu einer erfolgreichen und zufriedenstellenden Umsetzung der Reform. Die Institute waren sehr gut vorbereitet und hatten bereits im Vorfeld die nötigen Massnahmen ergriffen, um die neuen Ausbildungsinhalte zu integrieren. Andererseits blieben auch einige Fragen bis zum Start ungeklärt, was ein gewisses Mass an Flexibilität aller Akteure verlangte.  

Persönliches Portfolio als Stärkung der Lernortkooperation 

Das Persönliche Portfolio ist das zentrale Instrument der Lernortkooperation zwischen den Banken, den üK-Organisationen und den Berufsfachschulen. Darin können die wesentlichen Arbeiten, erworbenen Kompetenzen und Erfahrungen im Betrieb, in der Berufsschule und in überbetrieblichen Lehrgängen festgehalten werden. Die Praxis hat gezeigt, dass der Datenaustausch zwischen den Lernorten Betrieb und Berufsfachschule noch ausbaufähig ist. Einerseits stellt der Datenschutz eine Hürde dar, andererseits führen lokale (on-prem) Lernplattformen zu Verzögerungen und Mehraufwand. Unterschiedliche Erwartungen und Herangehensweisen führten zu Abstimmungsproblemen. Eine Weiterentwicklung der Lernortkooperation wird in den nächsten Jahren notwendig sein.  

Praxisaufträge als unterstützendes Hilfsmittel  

Eine weitere Neuerung in der kaufmännischen Grundbildung sind die Praxisaufträge. Mit deren Bearbeitung werden die Lernenden handlungsorientiert gefordert. Ziel ist es, dass die Lernenden mit der Zeit berufliche Aufgaben und Tätigkeiten selbstständig, zielorientiert, fachgerecht und flexibel ausführen können. Die Umsetzung erwies sich jedoch als aufwändig und variiert stark zwischen den Banken. Unterschiedliche Herangehensweisen und der hohe organisatorische Aufwand stellten die Betriebe vor Herausforderungen. 

Im Rahmen der Weiterentwicklung der kaufmännischen Lehre in der Branche Bank wird der Einsatz der Praxisaufträge analysiert.  

Handlungskompetenzorientierung an allen drei Lernorten 

Trotz der Herausforderungen hat sich die Orientierung an Handlungskompetenzen an allen drei Lernorten – Betrieb, Berufsfachschule und überbetrieblicher Kurs – als erfolgreich erwiesen. Die Lernenden profitieren von einer praxisnahen und umfassenden Ausbildung, die sie besser auf die realen Anforderungen des Arbeitsalltags vorbereitet. 

Ausblick und nächste Schritte 

Erstellung des Qualifikationsverfahrens 2026: 

Ein wichtiger nächster Schritt ist die Erarbeitung des Qualifikationsverfahrens, das 2026 erstmals zum Einsatz kommen wird. Dazu werden sich in den kommenden Monaten Fachgremien konstituieren, die die Qualifikationsverfahren erarbeiten. Zu Beginn des dritten Lehrjahres werden wir den Lernenden erste Übungsprüfungen zur Verfügung stellen können. Ebenso werden die Prüfungsexpertinnen und Prüfungsexperten frühzeitig geschult und auf das neue Prüfungssetting vorbereitet. 

Dieses Verfahren wird entscheidend dafür sein, wie die Kompetenzen der Lernenden am Ende der Ausbildung bewertet werden. 

Schulisch organisierte Grundbildung: 

Lernende, die ihre Lehre im August 2023 beginnen, stehen vom ersten bis zum letzten Ausbildungstag in einem Arbeitsverhältnis mit einem Betrieb. Dieser Ausbildungsweg gehört zur «betrieblich organisierten Grundbildung». 

Im August 2023 gab es aber auch Schülerinnen und Schüler, die einen schulischen Einstieg in die neue KV-Lehre gewählt haben. Sie beginnen zum Beispiel mit einer Wirtschafts- oder Handelsmittelschule. Nach dieser schulischen Ausbildung absolvieren sie ein einjähriges Praktikum in einem Betrieb und erlangen so ihr eidgenössisches Fähigkeitszeugnis. Dieser Weg gehört zur «schulisch organisierten Grundbildung». 

Im August 2026 werden die ersten Schülerinnen und Schüler dieses Bildungsweges ihr Praktikum in einer Bank absolvieren. Auch dieses Praktikum ist von den Neuerungen der Reform betroffen. Die Schweizerische Bankiervereinigung prüft zurzeit gemeinsam mit Vertretenden der Banken, wie dieses neue Praktikum in den Banken umgesetzt werden kann. 

Fazit 

Die Reform der Kaufmännischen Grundbildung hat in den Banken viel bewegt. Während die Umsetzung auch mit Stolpersteinen verbunden war, zeigen die positiven Entwicklungen, dass die neuen Ausbildungsinhalte den Anforderungen der modernen Arbeitswelt gerecht werden. Der Fokus auf Handlungskompetenzen und Praxisnähe bereitet die Lernenden optimal auf ihre berufliche Zukunft vor. Die anstehenden Schritte, insbesondere die Erstellung des Qualifikationsverfahrens 2026 und die Weiterentwicklung der schulisch organisierten Grundbildung werden entscheidend dafür sein, wie erfolgreich die Reform langfristig sein wird. 

Aus- und WeiterbildungInsight

Autoren

Rafael Giobbi
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