Meinungen
02.10.2020

Open Banking als Innovationstreiber

Ein Beitrag von Dr. Daniela Massaro, Dr. Peter Robejsek und Hakan Eroglu von Mastercard im Rahmen der SBVg Blogparade. 

Open Banking bietet eine enorme Chance, Innovationen nicht nur über klassische Produkte und Services zu ermöglichen, sondern das eigene Geschäftsmodell mit neuen Partnern und Ökosystemen substanziell zu erweitern. Mit ihrer Auslegeordnung zum Open Banking hat die Schweizer Bankiersvereinigung (SBVg) ein vollständiges Rahmenwerk konzipiert. Dieses Rahmenwerk beleuchtet alle wesentlichen Aspekte, die im Zuge der Fragestellungen rund um Open Banking aufkommen und ist damit sehr nützlich.

Aufgrund der Etablierung von Open Banking in der EU  gewinnt das Thema zunehmend auch in der Schweiz an Bedeutung. Lediglich welche Form es annehmen wird, sei dem Papier zufolge zu diskutieren. Damit zeigt die SBVg für den Finanzplatz Schweiz eine klare Vision auf, die auch in anderen Märkten sukzessive Realität wird.

Im Kontext der aktuellen Gegebenheiten in der Schweiz und den Ausführungen der Auslegeordnung, erscheint uns allerdings nur dann Open Banking für den Finanzplatz Schweiz unausweichlich, wenn bestimmte Rahmenbedingungen sichergestellt sind. Welche Rahmenbedingungen mit einer höheren Wahrscheinlichkeit zur tatsächlichen Etablierung von Open Banking am Finanzplatz Schweiz führen werden, sollte aber weiter diskutiert werden. Zu dieser Diskussion lädt die Auslegeordnung ein und diesen Faden wollen wir im Folgenden gern aufgreifen.

Mastercard begleitet Finanzdienstleister, Regulatoren und Nationalstaaten weltweit dabei, Open Banking Initiativen zu denken und umzusetzen. In diese Diskussionen bringen wir einen reichhaltigen Erfahrungsschatz ein, der aus dem Betrieb von bereits am Markt erprobten Open Banking Lösungen resultiert.

Aus diesen Erfahrungen lässt sich ableiten, dass entlang der von der SBVg identifizierten Dimensionen anhand von Plausibilitätsabwägungen konkrete Empfehlungen gemacht werden können.

Der Kern dieser Überlegungen geht auf eine einfache Prämisse zurück. Der Nutzen von Open Banking ist es, ein wichtiger Katalysator für mehr Innovation in der Finanzdienstleistung zu sein.

Innovation entsteht dort, wo bislang ungenutzte Chancen genutzt oder bestehende Probleme  auf innovative Art und Weise gelöst werden. Dort bietet sie immense Ertragspotentiale. Das Entwickeln von innovativen Lösungen ist aber auch ressourcenintensiv und birgt Risiken.

Unumstritten ist die Tatsache, dass mit Open Banking neue, wertstiftende Lösungen entwickelt werden können – für Verbraucher, Banken und Firmenkunden. Neben der Konsolidierung von Finanzinformationen, der Vereinfachung von Betriebsabläufen zur Effizienzsteigerung und der Verbesserung des Liquiditätsmanagements können mit einer Vielzahl weiterer Anwendungsfälle für alle drei Anspruchsgruppen Mehrwerte geschaffen werden.

Versetzt man sich allerdings in die Rolle des Innovators, so ist die Mindestanforderung, die ein solcher vom Open Banking Ökosystem erwarten wird, ein klares Regelwerk. Dies gibt ihm die Gewissheit, dass die konzipierten Lösungen – so sie denn Nutzen stiften – ungehindert skalieren können. Um diese Gewissheit zu erlangen, muss der Innovator sich darauf verlassen können, dass ein endgültiges und wohl definiertes Set an technischen und juristischen Anforderungen – also ein klares Regelwerk – vorliegt. Auf dieser Basis wird er sich vergewissern, dass diese Anforderungen erfüllt werden können und innovative Lösungen entwickeln.

Im Kontext von Open Banking liegen die wichtigsten Herausforderungen, wie auch in der Auslegeordnung hervorgehoben, in der Standardisierung der zugrundeliegenden Schnittstellen, den rechtlichen Rahmenbedingungen, der Gewährleistung der Vertrauenswürdigkeit von Drittanbietern und der Sicherstellung des Interessenausgleichs verschiedener Spieler.

Wenn wir uns nun auf den Innovator zurückbesinnen, so können klare Anforderungen an die Ausprägung dieser vier Dimensionen abgeleitet werden.

Bei der Standardisierung von Schnittstellen helfen klare Vorgaben, denn eine Pluralität von „Standards“ erschwert den Aufbau technischer Lösungen. Die Entwicklungen in Großbritannien und dem übrigen PSD2-Europa illustrieren dies. Für die Schweiz ist zu erwägen, sich an einem internationalen Standard zu orientieren, um technische Isolation zu vermeiden.

Wenn ein Drittanbieter im Open Banking Ökosystem zunächst damit rechnen muss von jedem kontoführenden Institut separat und nach eigenen Kriterien auf Herz und Nieren geprüft zu werden, dann ist es kaum vorstellbar, dass sich ein vitales Open Banking Ökosystem etablieren wird. Umgekehrt erzeugt die dezidierte Prüfung eines jeden Drittanbieters für kontoführende Institute sehr hohe Aufwände. Es ist also unabdingbar, dass ein klarer, unabhängiger Standard geschaffen wird, welcher von einer unparteiischen Instanz nachgehalten wird. Dabei sollte weder bei den Innovatoren noch bei den anderen Teilnehmern des Ökosystems auch nur die Vermutung entstehen, dass die eine oder andere Partei bevorzugt wird – Neutralität ist essenziell.

Damit einher geht, dass es eines rechtlichen Rahmenwerks bedarf, welches keiner dezidierten Verhandlungen zwischen kontoführenden Instituten und Drittanbietern bedarf. Jegliche Absprachen auf Einzelbasis erzeugen Friktion und erlauben es immer wieder einzelnen Spielern, die Open Banking mit Skepsis gegenüberstehen, unter dem Deckmantel der rechtlichen Prüfung aus der Kooperation auszubrechen. Sofern solche Hintertüren offen bleiben, kann man von keinem innovativen Unternehmen erwarten, Ressourcen in das Thema Open Banking zu investieren, da die Skalierbarkeit nicht garantiert werden kann.

Nun hört man vielfach in Gesprächen, vor allem mit etablierten kontoführenden Instituten, dass Open Banking lediglich Widerstände, Aufwand und Risiken verursacht und überhaupt einseitig auf die Bedürfnisse der Challenger Banken ausgerichtet sei. Natürlich bedarf es eines Ansatzes, der gleiche und faire Wettbewerbsbedingungen gewährleistet. Rahmenbedingungen, wie die oben geforderten, stellen dies sicher – zumindest in einem hinreichend bestreitbaren Markt mit einer ausreichenden Anzahl von Marktteilenehmern, wo kein einzelner Teilnehmer eine dominante Position einnimmt. Hier steht es selbstverständlich auch den etablierten Spielern offen, von der passiven Haltung zum Angriff überzugehen und die Kundenschnittstelle zurückzuerobern. Das müssen sie tun, denn der grosse Mehrwert von Open Banking für Verbraucher ist der Innovationsdruck, der rund um die Kundenschnittstelle entsteht.

Über die Autoren

Dr. Daniela Massaro ist gesamtverantwortlich für das Geschäft von Mastercard in der Schweiz und Liechtenstein und unterstützt mit ihrem Team Finanzdienstleister, Händler und Technologieunternehmen in allen Belangen des Zahlungsverkehrs.

Dr. Peter Robejsek verantwortet bei Mastercard das Produktmanagement für Deutschland, die Schweiz und Liechtenstein, darunter auch die Themen Open Banking und Echtzeitzahlungsverkehr.

Hakan Eroglu leitet für den Beratungs-Arm von Mastercard, Mastercard Advisors, die weltweite Produktentwicklung der Beratungsangebote rund um das Thema Open Banking.

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